Unsere Zeitreise durch die Geschichte des Kletterns hat mit „bayrischem Blick“ einige Highlights und Protagonisten herausgegriffen und versucht, die internationale Entwicklung des Sports darzustellen. Diese wird weitergehen, über die heutigen Grenzen hinaus, denn das „schneller, höher, weiter“, gilt hier wie in jedem Sport. Dabei ist der Vergleich von Leistungen immer schwierig, denn gerade beim Klettern sind die Ansprüche je nach Disziplin – und Verhältnissen – inkommensurabel.
Alex Honnolds Free Solo im „Freerider“ – in einem Oscar-prämiierten Kinofilm dokumentiert – stellt sicher das Höchstmaß an Commitment dar, denn ein Fehler führt zwingend zum Tod; ein Setting, das hier nicht verherrlicht werden soll. Babsi Zangerl kletterte die Route 2024 als erster Mensch im Flash; wenn man genau eine Chance hat, muss man sich unvorstellbar fokussieren. Die „Dawn Wall“ (900 m, XI) am gleichen Berg El Capitan – welche der vier Begehungen ist die beste?
Die Teamleistung von Tommy Caldwell und Kevin Jorgeson bei der Erstbegehung? Adam Ondras erste Wiederholung, ground up in nur sieben Tagen? Oder Seb Berthes Beharrlichkeit, zweimal in die USA zu segeln und zuletzt bei Schneefall die Crux zu klettern und dann vor dem einsetzenden Schlechtwetter durch die Nacht zum Gipfel zu steigen? Sind Mehrseillängenrouten oder Bigwalls „schwieriger“ oder „bessere Leistung“ als eine 9c wie Ondras „Silence“, für die man jahrelang arbeitet? Erfolge sind einzigartig und persönlich, so wie unsere individuellen Erlebnisse bei unseren Routen und Projekten. Und trägt nicht gerade das zur Freude an unserem Sport bei, dass wir uns nicht vergleichen oder rechtfertigen müssen?
Etliche weitere Protagonisten des Sports hätten noch in diese Aufzählung gepasst. Etwa David Lama und Hansjörg Auer, die 2019 zusammen mit Jess Roskelley beim Eisklettern in Kanada in einer Lawine starben. Auer hatte 2007 Maßstäbe im Free Solo verschoben, als er den „Weg durch den Fisch“ (900 m, IX-) in der Marmolada-Südwand nach nur kurzem Auschecken aus dem Abseilsitz in dieser kompromisslosesten aller Formen kletterte. Und David Lama hatte nach Weltcupsiegen, alpinen Abenteuerrouten und der ersten freien Begehung der „Kompressorroute“ (800 m, 7c+) am Cerro Torre als Leitstern einer neuen Generation gegolten.
Wir hätten hier an weitere Münchner erinnern können, die Entwicklungen im Spitzen-Alpinismus oder in der Münchner Alpenvereinsgeschichte weitergebracht haben, wie Hans Feldhusen, Georg Gruber, Leo Maduschka, Hans Ertl, Nicho Mailänder, Michi Hoffmann, Wolfgang Müller oder Mani Sturm, den Initiator dieser Ausstellung. Wir hätten Frauen erwähnen können, die die lokale Szene inspirierten und es teils noch heute tun, wie Marietta Uhden, Katrin Sedlmayer, Christl Vögele, Andrea Eisenhut oder Irmgard Braun. Oder wir hätten Toni Lamprecht porträtieren können, der als „Stier von Kochel“ nicht nur dieses Klettergebiet in den elften Klettergrad geführt und vergleichbar schwere Boulder erstbegangen hat, sondern der auch als Sonderschullehrer das Klettern als Medium nutzt, benachteilligten Jugendlichen Selbstvertrauen und Lebensfreude zu vermitteln.
Statt dessen? Sagen wir: Danke für Eure Besuche in den Münchner Kletterhallen und für Euer Interesse an dieser Ausstellung. Vielleicht hat sie Laune gemacht, mehr zu lesen über diesen einzigartigen Sport. Aber vor allem: Geht los und tut es!



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